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Die Wettervorhersagen kündigen für den Nachmittag intensiven Regen an und das lässt die Waagschale in Richtung des kürzesten Weges sinken. Die Temperatur ist deutlich tiefer und es weht ständig ein kalter Wind. Nach all der in den vergangenen Tagen durchlittenen Hitze beklage ich mich nicht, auch weil ein gutes Stück der Strecke leicht ansteigt.
Die Wahl, sich am Ende auf einer Höhe zu bewegen, erweist sich als die bessere, weil dies mir erlaubt, während des Großteils des Vormittags wunderbare Landschaften zu genießen.
Die asphaltierte Straße und die Wolkendecke gestatten es, schnell voranzukommen. Sehr gut, denn es sollte mir gelingen anzukommen bevor die Gewitter losgehen.
Auf der Straße begegne ich Leuten, die ihren Morgenspaziergang machen. Ich nutze dies und nach Wegen zu fragen, die es mir erlauben, die Asphaltpiste zu verlassen. Sie schauen sich zweifelnd gegenseitig an und beschließen dann einmütig, dass die einzige Möglichkeit, wie man nach Motta Montecorvino kommt, die ist, der Straße zu folgen. Schade, ich hatte mir ein wenig Hoffnungen gemacht.
Wenige Kilometer später, auf der Höhe der Gastwirtschaft S.Cristoforo, finde ich den Einstieg des Wanderweges, den ich gesucht habe. In Wirklichkeit handelt es sich nicht um einem Wanderweg sondern um einen breiten und bequemen Feldweg: man sollte nie die örtlichen Einwohner nach Hinweisen zu Wegen fragen, weil sie nur Straßen kennen, die sie täglich mit dem Auto benutzen!
Der Feldweg führt in einen Wald hinein, was gut ist, denn in dem Moment wo ich mich anschicke, diesen Weg zu nehmen, reißt der Himmel vollständig auf und die Sonne sticht wie an den anderen Tagen. Wenn ich es mir genau überlege, ist es das erste Mal, dass ich zu den Zeiten der größten Hitze in vollen Zügen den Schutz eines Waldes genießen kann.
Nach einigen Kilometern erreiche ich einen Abschnitt wo der Feldweg weniger festgefahren ist: Pflanzen und Sträucher haben begonnen, ihn zu überwuchern, und deshalb komme ich nur langsam voran. Angesichts der Tatsache, dass ich früh dran bin, dass ich vor der Sonne geschützt bin und dass es keine Spur von den angekündigten Gewittern gibt, entscheide ich, dass es Zeit ist, der Gemeinschaft einen kleinen Dienst zu erweisen. Ich stelle den Rucksack ab, bewaffne mich mit Scheren und mache mich daran, ein wenig sauber zu machen. Das Endresultat befriedigt mich: der Feldweg ist auf seiner ganzen Breite wieder offen, bis zu dem Punkt, wo er erneut auf eine Asphaltstraße stößt: für dieses Jahr gibt es keine Gefahr mehr, dass er von der Vegetation wieder verschlossen wird.
Ausgangs des Waldes beginne ich mit dem Abstieg nach Motta Montecorvino: wenigsten einmal ist die Ankunft in einem Ort auf einer abschüssigen Strecke. Um Asphaltstraßen zu vermeiden, nehme ich einen wenig befestigten Fußweg, was mich dazu zwingt, im Gras "zu schwimmen". Das anspruchsvolle Teilstück ist höchstens fünfzig Meter lang, weswegen die Zeit, die ich dadurch verliere, minimal ist. Ich habe die Hangseite gewechselt, aber auch die Aussichten hier sind atemberaubend schön.
Am Ortseingang begrüßt mich eine majestätische hundertjährige Eiche. Heute ist sie von Gebäuden umgeben, aber auf einer historischen Aufnahme in einer Bar sieht man sie alleine mitten auf einer Wiese. Unter ihr sind jahrhundertelang wer weiß wie viele Schäfer mit ihren Herden hindurchgelaufen. Es war ein obligatorischer Durchgangspunkt für den Zugang zum "Tavoliere delle Puglie". Ja, ja, weil Motta Montecorvino der letzte Vorposten vor der breiten Hochebene war aus dem das Ende der Trift Castel di Sangro-Lucera besteht ... oder vielleicht wäre es besser
zu sagen der Trift Lucera-Castel di Sangro wie es hier auf den Schildern wiedergegeben ist: Italien, Land des Lokalpatriotismus!
Der kurze Rundgang durch den Ort endet verfrüht, weil blitzschnell Wolken aufziehen und ein Heidenlärm losbricht. Jetzt ist endlich das angekündigte Gewitter doch gekommen, aber ich bin ja mittlerweile am Zielort angekommen: diesmal ist das gut gegangen!
Das Hotel, das ich gebucht hatte, hat seit kurzem die Geschäftsführung gewechselt. Die aktuelle ist entschieden familiärer und das ist etwas, was mir definitiv gut gefällt. Man spürt die Lust der Leute, sich einzusetzen. Am Abend stelle ich fest, dass etwas in der Kommunikation schief gelaufen ist, weil sie nicht damit rechnen, dass ich zum Abendessen bleibe. Nach einem kurzen Augenblick der Panik, fängt man an eine Notfall-Mahlzeit zu organisieren... schon möglich, dass es eine Notfall-Mahlzeit war, aber es war auch eine Mordsschlemmerei!
Die Strecke des Tages